Die Kraft des Familienrates in einem Pflegekontext von Sylvia Rickmann

  1. „Ich wünsche es jeder Familie, einmal die Möglichkeit zu so etwas zu bekommen! Unglaublich! Unschätzbar – mit Gold nicht aufzuwiegen!“ (nach dem gemeinsamen Familienratstermin) 
  2. „Egal, was im eigentlichen Familienrat passieren wird, das, was bis jetzt schon war, macht alles, was jetzt noch schief gehen könnte, mehr als wett.“ (unmittelbar vor dem gemeinsamen Familienratstermin) 

Beides sind Zitate der Haupt-Selbstzuweiserin. 

Ausgangssituation: Mutter, um die 80 Jahre alt, begleitet und betreut zusammen mit dem Sozialdienst ihren alleinlebenden Sohn, 59, der seit Jahrzehnten hochgradig schizophren ist. Mutter und Sohn fungieren beide als Selbstzuweiser, nachdem die Situation aufgrund eines Unfalls des Sohnes und des fortgeschrittenen Alters und der Fernbeziehung der Mutter massive Zukunftsängste ausgelöst hat. 

Die Reduktion der Ängste und der Situationspanik in eine klare, nüchterne Sorgeformulierung bildet die Basis, die Vorbereitungsphase macht einen erstaunlich großen potenziellen Unterstützerkreis sichtbar, der sich bis zum Familienratstermin filtert und festigt. Im Kreis der professionellen System-Unterstützer bricht ein schon länger schwelender Konflikt mit der Mutter durch und im Familienrat (kontrolliert) aus und klärt sich durch den Familienrat zur Zufriedenheit aller. Resultat der Familienzeit ist ein konkreter, für alle Beteiligten verbindlicher, für die beiden Selbstzuweiser befriedigender und durch die Systempartner der Professionisten mitgetragener Plan sowie ein Termin für den Folgerat. Detail am Rande: durch den Familienrat lernen sich einige Familienmitglieder erst persönlich und voller Freude kennen. 

Nachlese: der Plan wurde wenige Wochen nach dem Familienratstermin aufgrund eines Unfalls der Mutter in weiten Teilen reibungslos umgesetzt und hat gehalten. 

Methodische Erfahrungen: 

  1. Methodische Unterstützung bei der Sorgeformulierung ist im Falle einer Selbstzuweisung absolut essenziell. 
  2. Die professionist*innenfreie Familienzeit muss bezüglich Moderation und Dokumentation so vorbereitet werden, dass durch die Mehrfachrollen dieser Personen keine wertvollen Ressourcen verloren gehen. 
  3. Die Plan-Umsetzungskontrolle inkl. -evaluation (im Folgerat) muss für alle transparent und verbindlich vereinbart und personell klar übernommen werden. 
  4. Auf die konkreten, für ALLE verbindlichen Gesprächsregeln muss bereits mit Beginn der Infophase in aller Deutlichkeit inhaltlich detailliert hingewiesen werden. 
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